Abenteuer öffentlicher Verkehr

Da wir auch in Lausanne seit vielen Jahren ohne Auto leben, war für uns auch in Rom klar, dass wir dort mit dem öffentlichen Verkehr, zu Fuss und mit dem Radl unterwegs sein wollten.

Und so kauften wir gleich in der ersten Woche in Rom unsere geliebte Metrebus - das Jahresabo der römischen Verkehrsbetriebe atac.

Und dann ging's los.

Ziemlich schnell merkten wir, dass der öffentliche Verkehr in Rom nix für Weicheier war. Es gibt viele interessante Hindernisse.

La Metro
Die U-Bahn hat nur zwei Linien (zum Vergleich: Berlin hat 10! Milano immerhin 3) und die Orte an die sie fährt sind nicht immer so wahnsinnig nützlich. Die beiden Linien kreuzen sich genau an einer Stelle: Termini. Wenn man also vom Kolosseum zum Vatikan will, muss man erst wieder zum Bahnhof zurück, dort durch ein endloses Gewirr an düsteren Gängen irren und kann dann in die Linie Richtung Battistini steigen. Madonna!

Im Untergrund geht man oft ziemlich weit, bis man endlich am Bahnsteig ankommt. Besonders verwirrend ist die Station an der Piazzia di Spagna. Da gibt es viele verschiedene Ausgänge, die z.B. an verschiedene Ecken des Parkes Villa Borgehese führen. In dieses unterirdische Chaos eingebaut ist auch noch eine Einkaufspassage, eine Tiefgarage, eine Discothek und ein Fitnesscenter. Mamma Mia!

An manchen Haltestellen (z.B. Circo Massimo) muss man höllisch aufpassen, dass man die Barriere nicht auf der falschen Seite durchschreitet. Dann kann man nämlich nicht mehr zurück und muss erst eine Station weiter zu Piramide fahren, weil man erst dort wieder das Bahngleis in die andere Richtung erreichen kann.

Auf alle Fälle muss man versuchen, die Stosszeiten morgens um 9 und abends ab 17 Uhr zu vermeiden. Es sei denn, man steht auf Atemnot und Körperkontakt mit Fremden.Spätestens in der mörderischen Sommerhitze, wenn bei vielen Menschen der Deodorant versagt, braucht man viel stoische Ruhe, um das durchzustehen.

Davon abgesehen ist die U-Bahn gar nicht so schlecht. Sie ist recht schnell, wenn sie fährt. Leider ist das oft nicht der Fall. Streiks, Regenfälle, Demonstrationen und schwupps geht gar nichts mehr. Oft sind dann sogar schon die Eingangstüren in die U-Bahn verrammelt.

Busse
Weil es also mit der U-Bahn z.B. keine Verbindung vom Kolosseum zum Campo dei Fiori gibt, fährt man eben Bus...in diesem Fall mit dem 87er. Der 87er ist immer voll und kommt recht unregelmässig. Ich habe oft umsonst auf ihn gewartet. Besonders sonntags wird es schwierig, weil da die via dei Fori Imperiali für den Verkehr gesperrt ist und die Busse umgeleitet werden.
Dann war noch der 85er wichtig, weil er vom Kollosseum zum Corso fährt.

Geliebt haben wir den 117er. Er fährt von der Piazza San Giovanni bis zur Piazza del Popolo. Dazwischen hält er hinter dem Kolosseum und durchquert das hippe Monti-Viertel. Mitico!







Der 3er ist der mythische Rombus überhaupt. Eigentlich war er frühere eine Tram. Fellini fuhr immer mit dem, wenn er Inspirationen brauchte. Inzwischen ist der 3er Bus wieder eine Tram geworden. Das hat den grossen Vorteil, dass er nicht mehr so mörderisch vollgestopft ist, wie während unserem Jahr in Rom. Die Tram hatte ich öfter des Nachts auf Versuchsfahren beobachtet. Sie war immer leer und ich wunderte mich immer über diese Geisterbahn und hätte gerne gewusst, warum man sie nicht endlich einsetzt.




Im Busverkehr muss man immer wieder mit mehr oder weniger vorhersehbaren Hindernissen rechnen. Sehr beliebt sind immer wieder Demonstrationen wie hier auf unserer geliebten Via Merulana während des Generalstreiks im September 2011.

Aber auch Prozessionen können den Verkehrsfluss in Rom gefährden.


Die römischen Busfahrer haben einen schlechten Ruf. Sie telefonieren beim Fahren, sind schon mal betrunken oder lassen ihre Fahrgäste in zweiter Reihe am Strassenrand stehen, während sie mal eben zum Bankomat gehen...Sie haben aber auch einen harten Job. Deshalb müssen sie sich untereinander Trost und Beistand spenden und treffen sich immer an den Endstationen und trinken einen Café zusammen. Das führt dann dazu, dass die Busse einer Linie, wenn sie denn fahren, in einer Art Convoi durch die Stadt fahren, weil alle Fahrer nach der Pause gleichzeitig los fahren. Es kommt also häufig vor, dass gleich drei 3er Busse hintereinander an einer Haltestelle einfahren. Dafür kommt dannach 20 Minuten gar keiner mehr...

 

Auch vor dem regionalen Zügen sind wir nicht zurückgescheckt. So wie hier auf dem Weg zum Strand in Anzio.



Das Auffälligste bei all diesen Herausforderungen im römischen Strassenverkehr ist die Ruhe und Freundlichkeit der Menschen. Auch in extremen Stress in diesem Chaos bleiben die Mitreisenenden immer höflich und gelassen. Das hat mir sehr gut gefallen und mich tief beeindruckt. Und es ist auch eigentlich die einzig richtige Einstellung: Wir sind alle im selben Boot bzw. Bus und keiner kann was dafür, also stehen wir das hier auch gemeinsam und in Würde durch.

Und vielleicht hilft ja auch die Madonna!! So wie diese, die ich im Bahnhof von Agropoli-Castelabate gefunden habe.

Comments

Popular Posts