Pier Bruno 1975



In der Strasse unterhalb unseres Palazzos, in der via Ludovico Muratori, stiess ich am 24. November 2011 auf dieses Schild:




 
An dieser Stelle war also am 23. November 1975 ein gewisser Piero Bruno mit gerade mal 18 Jahren von einem Polizisten erschossen worden. Für seine Freunde und Freundinnen von damals war dies offenbar so einschneidend, dass sie jetzt nach 36 Jahren dieses Schild hier anbrachten und Blumen niederlegten.

piero bruno

Das machte mich neugierig. Ich googelte seinen Namen und 1975 und sofort poppte eine Website mit allen Informationen zu dem Vorfall auf.

Demnach war Piero mit anderen Jugendlich bei einer Demonstration gegen die Botschaft von Zaire (heute Kongo) unterwegs. Damals war Angola gerade dabei mit einer linken Regierung unabhängig zu werden und Zaire interessierte sich für die Bodenschätze des Landes und war (mit Unterstützung der USA) in das Land einmarschiert.

Bei meinen weiteren Recherchen bin auch auf folgenden Film gestossen: 



Hier sieht man Fernsehaufnahmen von damals und Interviews mit den damaligen Freunden von Piero. Am Anfang des Films erzählt einer der Beteiligten, wie Piero und einige Andere von der Polizei in einen Hinterhalt am Ende der via Muratori gerieten und Piero niedergeschossen wurde. 

Der Film beschreibt aber auch sehr schön das ganze Lebensgefühl dieser Zeit: Man lebte in wilden Kommunen in dem historischen Arbeiterviertel La Garbatella, trampte durch Italien, schrieb Gedichte, kiffte was das Zeug hielt und war politisch aktiv, z.B. wie Piero in der ausserparlamentarischen Gruppe "Lotta continua".

Gemeinsam fühlte man sich stark und die Lust auf Freiheit war unbändig. (Ich wünschte ein bisschen etwas von dem Spirit käme gerade zurück nach Italien!!) Die Studenten druckten Flugblätter und verteilten sie bei den Arbeitern. 

Der Tod Pieros war hier ein traumatisches Erlebnis. Als die Menschen im Demonstrationszug erfuhren, dass einer von ihnen erschossen worden war, schwieg die Menge. Einer der Interviewten Freunde Pieros im Film erinnert sich, wie geschockt er war: "Er war schliesslich einer wie ich." Nach Pieros Tod zog eine Demonstration zum Parlament und wurde von Polizisten aufgehalten.

Auch Pieros Beerdigung war eine grosser Demonstrationszug. Pieros bester Freund Fabio hat das Drama nie verwunden und beging Jahre später Selbstmord. Die Polizisten, die Piero angeschossen hatten, wurden freigesprochen.

Und all das quasi vor meiner Haustür... Ich habe dadurch ein völlig anderes Gefühl für das Italien der siebziger Jahre bekommen. 

History is never really over. 

Genauso wie 200 Meter weiter der Tempel von Nero unter der Erde unseres Parkes liegt oder unterhalb der Schule unserer Kinder die Ruinen des Isis-Tempels, in dem vermutlich Kleopatra übernachtet hat...Rom ist eben Geschichte zum Anfassen und Mitfühlen.

Das Schild ist inzwischen nicht mehr da und ich bin sehr froh, dass ich es eingefangen habe.



Comments

  1. Das Schild ist wieder da, oder ein Neues ist angebracht worden. Habe es am 12-15.April 133 in
    rom fotografiert

    BG
    Georg

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  2. Mensch, Georg, ich habe erst heute Deine Nachricht gesehen. Vielen Dank!

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