"Fare bella figura" an Strand und Pool
Am Meer und
am Pool verhalten sich Italienerinnen und Italiener doch recht speziell.
Zunächst fällt auf, dass alle sich grundsätzlich beim Bräunen nach der Sonne
ausrichten. Schliesslich gilt es möglichst braun zu werden. Ja, man schont sich
nicht, wenn es um die bella bronzatura geht. Da steht z.B. oft ein Sprühfalsche
neben den Damen. Ich dachte immer, da wäre Wasser drin, damit man sich mit
einem Wassernebel benetzen kann, um sich bei dieser schweren Aufgabe abzukühlen
und um natürlich die Sonnenstrahlen noch mal mit Hilfe der Wassertropfen zu
bündeln. Inzwischen habe ich erfahren, dass es sich auch um „Spray
abbronzzante“ handeln kann. Das ist ein Sonnenöl ohne UV-Filter, mit dem man
schneller braun werden soll. Bo…Einmal habe ich sogar zwei junge Männer (!) dabei
beobachtet, wie sie sich gegenseitig ihre Sonnenpflegeprodukte gezeigt haben…Ein
absolut undenkbare Szene nördlich der Alpen.
Man muss
sich den Strand oder den Pool als Bühne der Selbstdarstellung vorstellen. Ziel
ist es, möglichst viele Blicke auf sich zu ziehen. Nicht umsonst sind die
Plätze an den bezahlten Stränden wie Theaterreihen angelegt. Klar, dass es da
am besten ist, wenn man in der ersten Reihe am Meer liegt. Diese „Logenplätzen“
sind meistens teuerer als die Hinterbänke oder sie sind sogar für die
Stammkunden oder andere VIPs reserviert.
Das
wichtigste Element für diese Selbstdarstellung bei den Frauen ist natürlich…der
BIKINI. Der Bikini der Durchschnittsitalienerin ist sehr, sehr knapp. So knapp,
dass man in Deutschland damit eher zu einem Porno-Casting als in die Badeanstalt
gehen würde. Badeanzüge oder Bikinihosen, die die Pobacken vollständig bedecken
sieht man quasi nie. Und das ist so bis ins Greisinnenalter. Ich muss zugeben,
dass sich mein Bikinigeschmack nach dem ersten Schock inzwischen angepasst hat
und mir inzwischen diese grossen deutschen Bikinihosen überhaupt nicht mehr
gefallen.
Selbstredend
gibt sich die Italienerin auch nicht mit ein oder zwei Bikinis pro Saison
zufrieden. Wer auf sich hält hat mindestens ein Modell pro Wochentag,
vorzugsweise in einem ähnlichen Schnitt, damit die Bräunungsstreifen
gleichmässig bleiben. Sehr beliebt sind Bikinis, die glitzern oder mit Perlen
bestickt sind. Man kann sie relativ billig bei Calzedonia oder Trezenis kaufen
oder 200 bis 400 Euro für sehr wenig Stoff von Fisico oder Miss Bikini
ausgeben. Und ganz wichtig: zu jedem Bikini braucht man mindestens ein
passendes kleines Strandröckchen, Pareo oder eine Short. Die zieht frau über,
wenn sie sich von der Strandliege weg bewegt, um z.B. ein Eis essen zu gehen
oder an der Strandbar einen Espresso zu trinken. Es schadet natürlich nicht, wenn auch die Badeschuhe auf das Outfit abgestimmt sind.
Und dann
die ganze Aussehensarbeit vorher! Jedes Frühjahr gibt es in den Frauenmagazinen
ein riesiges Bohei um die „Prova Bikini“ und man kriegt Tipps, wie man noch
schnell zu einem flachen Bauch, zarter, haarloser Haut und cellulitefreien
Schenkeln kommt. Ausserdem werden die besten Bikinimodelle der Saison
präsentiert und die Vor- und Nachteile von Selbstbräunern diskutiert. Denn mit
weisser Haut will man am ersten Tag am Stand auf keinen Fall gesichtet werden.
Wer Selbstbräuner nicht mag, geht ins Solarium und wer kann verschwindet für
drei Tage heimliches intensiv Dauersonnen ans Meer, um die Kampfbräune für den
Sommer aufzubauen. Dann fehlen nur noch die Pedikure und die Epilation. Tapfer
gehen die Italienerinnen zur „ceretta“ und lassen sich die Beine mit Wachs
epilieren. Nicht umsonst hat fast jede Italienerin eine Kosmetikerin ihres
Vertrauens, deren Adresse sie nur den besten Freundinnen anvertraut. Dass es in
meinem Lieblingspiscina einen Beautysalon gab, passt da voll ins Bild. Auch die
Tatoo-Studios in Rom sind im Frühling hoffnungslos ausgebucht. Denn Tatoos sind
in Italien sehr beliebt. Es gibt kaum noch Mädels, die nicht wenigstens einen
Schmetterling auf der Schulter haben.
Auch auf
Schmuck wird nicht verzichtet. Jedes Jahr gibt es z.B. ein must-have Armband
für den Sommer, das dann alle Frauen tragen. 2011 waren das diese
Klac-Klac Armbänder aus Plastik auf denen Wörter wie „Amore“ oder „Pace“
standen.
Oder
einfach bunte Plastikperlen, die man dann wiederum auf den jeweiligen Bikini
abstimmen konnte. Ja, die Italienerin spielt gerne.
2012 waren es bunte Bänder mit Schmetterlingen oder Kleeblättern in allen Farben.
Wenn man am
Pool liegt, ist es auch eine beliebte Strategie der Aufmerksamkeitsgewinnung,
wenn man lasziv (die Mädels) oder männlich-markant (die Jungs) zur Dusche geht
und sich einmal kurz und publikumswirksam zum Abkühlen abduscht.
In meinem
geliebten Piscina delle Rose habe ich einmal eine Frau beim Meditieren
beobachtet. Meine Güte! Das geht ja nun eigentlich wirklich nicht. Hallo!
Meditieren, heisst, dass man in sich geht und die Welt ausschaltet. Dass man
sich dabei von einem gesamten Freibad zuschauen lässt, das gibt es bestimmt nur
in Italien. Und als ich dann noch einen Mann sah, der seine Yogaübungen vor
aller Augen am Rande des Pools machte, hatte ich keine weiteren Fragen mehr.
Wenn man
aus dem Urlaub wieder zu Hause ist, gilt es die Bräune zu erhalten. „Du hast für Deine Bräune gekämpft!“ – also ab ins Solarium und Après-Sun Produkte
schmieren.
Uffa, ganz
schön anstrengend das „bella figura“ machen im italienischen Sommer.
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