Die Auguststarre



Nachdem wir die grosse Augusthitze halbwegs überstanden hatten, spürten wir eine Veränderung in unserem Viertel. Überall beobachteten wir braungebrannte Menschen, die griesgrämig tonnenschwere Koffer aus dem Auto schleppen.

Als nächstes bemerkten wir, dass es mehr Hundehaufen auf den Gehsteigen gab. Eine römische Freundin hatte mir schon von der weitverbreiteten Plage mit der Hundekacke auf Roms Strassen erzählt. Als wir im Juli in Rom ankamen, dachte ich mir noch, dass das ja gar nicht so schlimm ist, wie ich vermutet hatte. Aber kaum kam der erste September, verwandelten sich die Gehwege in wahre Hundeexkrementemienenfelder. Die Hunde und ihre Herrchen waren also aus den Ferien zurück!

Ebenso hatten wir bisher nur den römischen Verkehr in der Version „summer-light“ miterlebt. Kaum kam der erst Septembermontag ins Land, schwoll die Masse der Autos und Motorrädern auf den Strassen enorm an. Eine Fahrt in unserem Lieblingsbus 117, der von einer wunderbaren Haltestelle mit Blick auf das Forum durch das Monti-Viertel bis zur Piazza del Popolo fährt, wurde zur Quetschtortur, weil er so überfüllt war.


 Die weltschönste Bushaltestelle des 117.
Im Hochsommer kriegt man noch einen Sitzplatz. Dafür ist ein Fächer überlebensnotwendig.





Ist er nicht niedlich, mein Lieblingsbus 117?



In der letzten Augustwoche ging ich zufällig an der zukünftigen Schule meiner Kinder vorbei und bemerkte eine aufgeregte Menge an italienischen Mammas, die geheimnisvolle, rote und wichtig aussehende Listen in der Hand trugen und sich angeregt unterhielten. Ich ergriff natürlich sofort die Gelegenheit und fragte eine der Frauen, um was es geht. Es handelte sich um die Liste der Bücher, die die Kinder der Mittelschule zum Schulanfang in 2 Wochen bräuchten.
OK, dann geh, ich doch gleich mal im Sekretariat fragen, ob meine Grundschulkinder das nicht aus brauchen. Ausserdem kann ich dann ja gleich herauskriegen, was der Lehrplan für meinen Grossen ist, damit wir mal wissen, was der so machen wird und wie das mit seinem Lernstand aus der Schweiz zusammenpasst.
Meine Grundschulkinder kriegten andere Bücher und auf meine Frage nach dem Lehrplan wurde ich mit dem absurden Vorschlag abgespeist, dass ich dazu Informationen im Internet fände, wenn ich „programma scuola elementare“ googlen würde. Dazu findet man natürlich überhaupt nix…
Meine weise Italienischlehrerin riet mir, dass ich ab der ersten Septemberwoche eine Email an die Schulleitung schreiben sollte. Aha, vor der ersten Septemberwoche geht also gar nichts!

Sogar die italienisch Presse ist von der Auguststarre erfasst: So erscheint z.B. die Umsonstzeitung in der Metro im August nicht. Das kann man ja verschmerzen, doch es gibt durchaus auch Informationsquellen, die ich eigentlich auch im August nicht missen möchte:
Jeden Donnerstag gibt es als Beilage der Tageszeitschrift „Repubblica“ den römischen Veranstaltungskalender für die kommende Woche: „Trova Roma“. Ein Muss für die interessierte Rombewohnerin, die nichts verpassen will! Nur als ich in der letzten Augustwoche nach dieser wertvollen Info-Quelle fragt, teilte mir der freundliche Kioskbesitzer mit, dass das Heftchen in August nicht erscheinen würde. Seltsam… Dabei gibt es in zwischen in Rom im August jede Menge Veranstaltungen. Wir sind nicht mehr in den 60er Jahren, in denen um Ferragosto herum die Stadt leergefegt und verrammelt war.
Heute bleiben immer mehr Italiener krisenbedingt in der Stadt. Und eigentlich ist das gar keine so schlechte Idee, wenn man sich von 11bis 18 Uhr an einen kühlen klimatisierten Ort zurückziehen kann. Die Stadt ist fast leer. Wenig Verkehr, kaum Hundekacki. Es gibt tolle Open-air Kinos, die Oper zieht in die Caracalla Thermen, man kann an vielen sehr schönen Orten im Freien tanzen und zur Not ist man auch in 40 Minuten am Strand von Ostia.






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